Bergkönig Ebersteinburg 2017

Das alljährliche Zeitfahren zur Ebersteinburg stand auch 2017 wieder auf dem Programm. Die Wettervorhersage besserte sich rechtzeitig und so stand einer Teilnahme eigentlich nichts im Wege. Ab „dem Kreisel“ radelten BW und ich gemeinsam in Richtung Start. So konnten wir schon einmal unsere Ausreden für eventuelles Nichtgelingen zurechtlegen und alle aktuellen Wehwehchen ausgiebig analysieren. Ich für meinen Teil hatte akute Sitzprobleme vorzuweisen, die (vermutlich) von einer missglückten Reproduktion meiner Cleatposition an meinen neuen Schuhen herrührten. Dass die neue Paarung Fuß-Schuh die Symbiose zwischen Sattel und Hinterteil aus dem Gleichgewicht bringen würde, hatte ich nicht erwartet. Bewaffnet mit ordentlich Sitzcreme im Polster und meinen alten Schuhen war ich jedoch startbereit.

Die Besichtigung der Strecke war gespickt mit ein paar Leistungsspitzen, um die Beine „aufzumachen“ und mich zumindest vorübergehend dazu zu bringen, den Mund zuzumachen und das ständige dumme Gelaber einzustellen. Natürlich nahmen wir auch die Konkurrenz genau unter die Lupe. Einige Kontrahenten sahen beängstigend schnell aus, sodass wir durchaus gespannt waren, welche Zeiten heute vorgelegt werden würden.

BW startete recht früh, sodass ich die letzte halbe Stunde vor meinem Start mit meinen Sorgen alleine war. Gerade als ich mich am Start einreihte, kam BW schon wieder heruntergefahren und versprach mit einem schelmischen Grinsen einen Hinweis zur ungeheuren Motivationssteigerung. Ich rechnete mit einem besonders dummen Spruch. Er hatte den Mund jedoch nicht zu voll genommen und teilte mir mit, dass der Vorjahressieger eine Zeit vorgelegt hatte, die durchaus in Reichweite lag. Mein Puls legte sofort einige Schläge zu; meine Entschlossenheit, hier ein gutes Rennen abzuliefern, wuchs.

Start. Auf dem kleinen Kettenblatt. Mit hoher Trittfrequenz im Wiegetritt Tempo aufnehmen. Hinsetzen, dicker ketten. Mist, verschaltet. Erneut in den Wiegetritt. Make it look effortless! Wieder im Sattel sind die Sitzprobleme schnell vergessen, als sich dumpfer Schmerz in den Oberschenkeln breitmacht und von dort immer stärker ins Bewusstsein drängt. Blick auf den Pulsmesser. Rhythmus finden. Es wird flacher. Kette aufs große Blatt. Den ersten Fahrer kassieren und Rhythmus beibehalten. Es wird wieder steiler. Kette auf dem großen Blatt lassen! Es klappt. Maximaler Kettenschräglauf im nächsten Steilstück. Aber danach folgt die Abfahrt. Also nur noch ein paar harte Tritte und dann richtig über die Kuppe attackieren. Das klappt leider nicht. Auf der Abfahrt den nächsten Fahrer zurechtlegen. Direkt nach der Senke in den Wiegetritt und vorbeifahren. Gang so lange wie möglich stehen lassen. Hinsetzen. Die Kette aufs kleine Blatt und wieder einen Rhythmus finden. Der Puls ist mittlerweile doch sehr hoch und lange machen die Beine das Tempo nicht mehr mit. Kurz etwas dosierter fahren. Das entscheidende Stück naht! Herum um die Rechtskurve, rein in die Wand. Hohe Trittfrequenz beibehalten. Mittlerweile komplett entgleiste Gesichtszüge. Keine Spur von Mühelosigkeit mehr. Noch einmal kurz in den Wiegetritt. Bein- und Lungenschmerzen. Hinsetzen, Hände an den Oberlenker. Aerodynamik ist hier egal und der elegante Fahrstil sowieso. Come on, all the way! Es wird etwas flacher. Hypothese von der Besichtigung: Wer hier noch zulegen kann, holt richtig viel Zeit raus. Ja, wer denn kann. Nur nicht weiter abbauen. Beinschmerzen! Keuchen! Es zieht sich. Die Zeit verrinnt. Endlich! Der letzte Teil der Strecke ist erreicht. Kette noch einmal aufs große Blatt. Die Bestzeit liegt in Reichweite! Zunächst zwei weitere Starter einfangen. Zwischenziel erreicht. Auf geht’s! Einer geht noch. Keep going! Das zieht sich ja wieder endlos bis zum Ziel. Herum um die nächste Kurve. Mist, nur das Ortschild und noch keine Ziellinie zu sehen. Aber der nächste Fahrer kommt in Reichweite. Überholmanöver auf der Ziellinie. Schmerzen. Röcheln. Aua.

Uhr stoppen. Zwischenbestzeit! Rad anhalten, absteigen. Alles keuchend und ächzend. Rad, so sanft es die beeinträchtigte Motorik eben ermöglicht, ablegen. Eineinhalb Liter Wasser stürzen. Die Rückkehr unter die Lebenden!

Meine Bestzeit sollte tatsächlich bis zum Ende Bestand haben. Bergkönig Ebersteinburg 2017!

Titelbild: Christian Veit

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